Nadja Zimmermann hat zu tun. Eigentlich sollte eine Ladung Apérogebäck in den Ofen, die beiden Töchter kommen bald von der Schule nach Hause, und sie hat die Kooperationsanfrage noch immer nicht beantwortet.
Erzähle uns doch zuerst mal, wie du dazu gekommen bist, vom Fernsehen zum Foodbloggen zu wechseln, während ich deine feinen Süsskartoffel-Häppchen probiere…
En Guete! Mein Blog ist so entstanden, dass eine Marke auf mich zugekommen ist, die gerne mit mir arbeiten wollte. Sie kannten mich aus dem Fernsehen und ich hatte damals gerade mein zweites Buch herausgegeben («Unser Menü Eins – wenn Gäste kommen»). Ich war also sowieso gerade ziemlich drin im Thema Essen und Kochen. Ich habe davor beim SRF als Moderatorin und Produzenten gearbeitet und war damals eigentlich immer noch überzeugt, dass das mit den Buchprojekten für mich bloss eine kurze TV-Pause bedeuten würde. Aber die Pause dauert jetzt acht Jahre (lacht).
Was ich bei dir besonders lustig finde, ist dass du eigentlich per Zufall zum Kochen gekommen bist, oder?
Ja, das stimmt. Als meine Mädchen noch ziemlich klein und ich fand mich als Mutter plötzlich gezwungen, zu kochen. Dabei konnte ich überhaupt nichts Kindertaugliches machen. Ich meine, welches europäische einjährige Kind möchte bitte Thai Curry essen? Oder Sushi? Bevor ich Familie hatte, habe ich mich oft direkt aus dem Kühlschrank verpflegt oder ging ins Restaurant. Ich kannte die «Alltagsküche» überhaupt nicht. Lustigerweise ist das heute meine Kernkompetenz.
Die «unfreiwillige» Rezeptautorin, also?
Ja, total. Ich weiss noch genau, wie ich mit dem Kinderwagen auf dem Spielplatz war und eine andere Mutter gefragt habe: «Was gits hüt bi eu zum Znacht?». Und was sie mir erzählte, war so einfach, dass ich dachte, dass ich das sicher auch hinkriege. So ist die Idee meiner ersten Kochbücher entstanden. Und um diese zu schreiben, habe ich insgesamt 135 Familien besucht und eigentlich dann von ihnen das Kochen gelernt. Ich habe zugehört, zugeschaut und meine Kochbücher als eigentliche Kochschule benützt.
Und so schliesst sich der Kreis: Auf Loumalou inspirierst jetzt du die anderen. Ist es dir einfach gefallen, den Blog zu lancieren?
Naja, die technische Seite des Bloggens finde ich immer noch ungeheuer mühsam. Aber ich schreibe wahnsinnig gerne und habe mit dem Blog auch sehr schnell meine Nische gefunden. Denn für mich ist wichtig, dass es schnell und einfach gehen muss, das stammt quasi direkt aus meinem Alltag, weil ich wirklich nicht gerne stundenlang in der Küche stehe. Feines Essen aus einfachen Zutaten – ob ich das nun bei Freunden geniesse oder in einem Restaurant – löst bei mir immer dieses «Boaaah, wie hast du das denn gemacht?»-Gefühl aus. Und ich bin diesbezüglich ein totales Trüffelschwein und immer auf der Suche nach Dingen, die mit minimalem Aufwand maximalen Ertrag bieten.
Diese «Maxime» lässt sich aber beim Bloggen auch wunderbar auf andere Lifestyle-Themen übertragen. Es geht bei allem darum, sich das Leben ein bisschen einfacher zu machen… mein letztes Kochbuch heisst ja auch «Entspannt kochen»! Etwas entspannter zu Reisen, auch mit Kindern, ist mir zum Beispiel auch ein Anliegen. Genauso wie Nachhaltigkeit. Aber auch da sind es vielmehr die kleinen, einfachen Veränderungen, die man im Haushalt und im Alltag machen kann, die eine Auswirkung haben.
Das spielt wohl auch eine grosse Rolle, wenn es darum geht, geeignete Kooperationen einzugehen auf deinem Blog. Mit über 200’000 page views pro Monat spielst du ja in der obersten Liga mit in der Schweiz. Da kommen sicher viele Anfragen rein, oder?
Ja, das ist so. Ich habe grosses Glück! Und wie wohl viele andere Blogger und Influencer lehne ich die allermeisten Anfragen ab, weil sie nicht so richtig zu mir passen. Ist es kein Thema, das für mich im Alltag spannend ist, kommt es nicht auf den Blog. Um ehrlich zu sein, muss ich oft auch aus Zeitgründen Kooperationsanfragen ablehnen – und es braucht sie, diese guten Kooperationen. Denn ich arbeite auch nicht gratis.
Erlebst du das als Content Creator auch oft, dass du dich rechtfertigen musst, dass deine Arbeit «etwas Wert» ist?
Das, was ich hier mache als Bloggerin oder als Rezeptentwicklerin, ist ein 100% Job, vielleicht sogar noch mehr. Und meine Website (wie alle anderen Blogs) stellt Inhalte zur Verfügung, die man gratis konsumieren kann. Wenn du deinen Content in einer gewissen Qualität hochladen willst, investierst du richtig viel Zeit. Und die muss, wie ich finde, vergütet werden. Und darum ist mir bei bezahlten Kollaborationen die Authentizität extrem wichtig. Einfach gesagt: Ich wähle nur Sachen aus, die ich total lässig finde.
Kommt man da nicht ab und zu in Versuchung, seine persönlichen «moralischen» Grenzen ein bisschen zu verschieben, wenn Anfragen reinkommen, bei denen es um richtig viel Geld geht?
Ehrlich gesagt, ja. Es tut auch richtig weh, diese abzulehnen, weil du schon siehst, was du mit dem Geld anstellen könntest. Aber ich bin überzeugt, dass es mir persönlich mehr schaden würde. Es würde mich auch persönlich stressen, etwas umsetzen zu müssen, was ich nicht toll finde. Und dann sage ich mir halt, dass bestimmt bald die nächste Anfrage kommt, die mich begeistern wird.
Wir sieht bei dir ein normaler Arbeitsalltag aus?
Das kommt sehr darauf an. Und jetzt während des Coronavirus-Lockdowns war nochmals alles völlig anders – mit meiner gesamten Familie in meinem Büro, aka Wohnzimmer! Aber ich kann dir sagen, welche Tage mir am allerliebsten sind. Das wären nämlich die, an denen ich keinen einzigen Termin habe und den ganzen Tag alleine arbeiten kann. Das wäre dann entweder ein Produktionstag – das heisst, dass ich an einem Tag mehrere Sachen koche und fotografiere – oder dann ein Schreib-Tag, an dem ich den neuen Content bearbeite. Alles in allen nimmt das sehr viel Zeit in Anspruch: Schon nur allein die Rezepte planen, einkaufen und alles aufbauen – und nach dem Kochen und Shooten dann alles wieder aufzuräumen. An solchen Tagen sieht meine Küche echt aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Du machst alle deine Fotos für Blog und Rezepte selbst – und produzierst auch Content für Kunden (u.a. für «Fooby» von Coop). Hast du dir das Fotografieren selbst beigebracht?
Ja. Als ich mein erstes Kochbuch gemacht habe, konnte ich echt total nicht fotografieren. Und genauso, wie ich damals bei den Leuten gelernt habe zu kochen, habe ich auch viele gute Tipps bekommen von denen, die was von der Fotografie verstehen. Später habe ich dann auch noch Kurse besucht, auch für die Bildbearbeitung. Aber das Fotografieren macht mir schon grossen Spass.
Findest du es anstrengend, dich als Blogger und Influencer mit anderen messen zu müssen?
Manchmal ja. Einerseits ist es belastend, weil sobald man anfängt, sich mit jemandem zu messen, vergleicht man sich automatisch, und das ist eher ungesund, finde ich. Vor allem, weil wir dann dazu neigen, nur das zu sehen, was die anderen besser machen. Andererseits spornt es einen auch an, mehr aus seinen Möglichkeiten zu machen. Es ist also ein zweischneidiges Schwert.
In der aktuellen Lage müssen sich auch Content Creators zum Teil ziemlich neu orientieren. Hat die Corona-Krise auch deinen Job verändert?
Meine eigentliche Arbeit hat sich seit März nicht gross verändert. Ich hatte etwas mehr zu tun als sonst und dafür weniger Kapazität, da alle immer zuhause waren. In Zukunft wünschte ich mir aber, dass wir es alle ein bisschen ruhiger nehmen können. Viele Menschen könnten – wie wir jetzt sehen – locker von Zuhause aus arbeiten und müssten nicht die Strassen verstopfen beim Pendeln. Viele Meetings funktionieren bestens mit Zoom! Es wäre toll, wenn Unternehmen, die sich vorher immer weigerten, Home Office einzuführen, jetzt sehen, dass das prima geht.
Hast du einen Ratschlag für Leser, die gerne selbst einen Blog launchen würden?
Macht es! Es ist etwas unglaublich Kreatives, aber es steckt auch wahnsinnig viel Arbeit in einem Blog. Wenn du selbständig bist, arbeitest du automatisch viel mehr, denn in jedem Blogartikel steckt stundenlange Arbeit, von der Planung über die Produktion der Bilder, Bildbearbeitung und Schreiben. Dann bist du auch gleich dein eigener Assistent, Buchhalter, Einkäufer und Marketing-Experte. Das braucht schon ein Gesamtpaket an Fähigkeiten – macht aber auch richtig Spass.
Rezept
Cremige Spaghetti mit Burrata
«Spaghetti die nach Sommer schmecken. Für Ferien im Herzen.»
Für 4 Portionen
Zubereitungszeit: 15 Minuten
400 g Spaghetti
300g Cherrytomaten
1 Bund Basilikum
1-2 Kugeln Burrata (eine innen cremige Form von Mozzarella)
Olivenöl
Salz und Pfeffer
- Spaghetti nach Packungsanleitung kochen.
- Cherrytomaten waschen und halbieren. Basilikum waschen, trocken schütteln und in feine Streifen schneiden.
- Tomaten und Basilikum unter die Spaghetti mischen, mit Olivenöl und Salz abschmecken. Burrata darüber legen, aufschneiden und wenn gewünscht ebenfalls darunter mischen (macht die Spaghetti sehr cremig) und allenfalls pfeffern.
Nadja Zimmermann «Entspannt kochen – 100 einfache Rezepte für jeden Tag». AT Verlag, für 36 Franken im Buchhandel erhältlich