THE POWER OF YOU

«Feminist, immigrant and self-made entrepreneur» steht in ihrer Instagram-Biografie. Neu kommt auch «author» dazu. Xenia Tchoumi ist längst nicht mehr bloss Influencerin, sondern ein inspirierendes Beispiel dafür, wie es sich auszahlen kann, etwas grösser zu denken.

Sie ist die Vorzeige-Influencerin der Schweiz: Xenia Tchoumi hat sich in zehn Jahren ein kleines Digital-Imperium aufgebaut, das weit über klassische Marken-Kollaborationen hinausreicht. Nun hat die digitale Unternehmerin ein Buch herausgegeben, der als «ultimativen Self Empowerment-Guide» aufzeigt, wie man sich auch in herausfordernden Zeiten selbst treu bleibt. Das exklusive Reach-Interview über Selbstvertrauen, Ehrgeiz und die Zukunft des Influencer Marketings.  

Du warst eine der ersten erfolgreichen Influencer der Schweiz. Denkst du gerne an deine digitalen Anfänge zurück? 

Ja. Es war unheimlich befreiend, die volle Kontrolle über meinen eigenen Content zu haben, meine Marke und meine Kollaborationspartner. Wenn man es seriös macht, ist es ein Full-Time-Job. Man muss sowohl die kreativen Aspekte wie Fotografie, Styling und digitale Trends verstehen, wie auch den administrativen Teil – Verträge abschliessen, Verhandlungen führen. Es ist ein wunderschöner Job und ich bin Social Media sehr dankbar dafür, dass ich auf der ganzen Welt mit den besten Experten im Modebusiness arbeiten darf.  

Dein erstes Buch «Empower Yourself» ist soeben erschienen. War die Pandemie der Kickstarter dafür, oder hast du es schon vorher geschrieben? 

Ich habe im Juli 2019 mit dem Schreiben angefangen, hatte also noch keine Ahnung, was uns auf uns kommt. Ich musste nachträglich ein Kapitel dazu einfügen. Ich finde es verrückt, dass meine Lebensphilosophie und meine #powertricks dieses Jahr noch viel nützlicher geworden sind! 

Was bedeutet für dich «Ehrgeiz»? 

Das ist das Feuer in dir, das dich antreibt, zu wachsen und dich zu verbessern, in allen Belangen. Es ist ein konstanter Hunger nach mehr.  

XENIA’S #POWERTRICK, UM POSITIVE ANGEWOHNHEITEN ZU SCHAFFEN 

«Versuche, positive Routinen zu entwickeln, die dann zur Angewohnheit werden und dir dabei helfen, deine Ziele zu erreichen. Möchtest zu zum Beispiel offener und geselliger werden, verpflichte dich, jeden Tag für 10 Minuten mit einem Fremden zu reden. Nach 1-2 Wochen wirst du merken, dass sich dein Verhalten ändert. Und nach 30 Tagen könntest du überrascht sein, dass dir die Unterhaltungen mit Fremden richtig Spass machen. Wiederholungen von Abläufen stärken die Nervenbahnen deines Gehirns und fördern ein Gefühl der Vertrautheit. Und Vertrautes machen wir gerne.» 

In deinem Buch thematisierst du, wie man Wut und Frust – oder gar Schmerz – als Treibstoff für Veränderungen nutzen kann. Wendest du das in deinem Alltag auch an? 

Ständig. Jedes Mal, wenn etwas Schlechtes passiert, versuche ich, diesen #powertrick zu nutzen. Ich halte kurz inne und denke mir: «Auch wenn es jetzt nicht klar ist, wird mich dieses schmerzhafte Erlebnis weiterbringen.» Oftmals bringen uns negative Erfahrungen dazu, uns zu bessern. Schmerz kann uns freundlicher, mitfühlender und verständnisvoller für die Probleme anderer machen. Natürlich weiser und stärker. Aber viel wichtiger ist, dass auch ein undefiniertes Gefühl der Unruhe als Antrieb für neue Projekte genutzt werden kann. Man muss nur lernen, diese Kraft einzusetzen.  

Du schreibst auch darüber, dass du schon dein ganzes Leben mit Angstzuständen zu kämpfen hast. Wie gehst du heute damit um? 

Ich habe sehr lange gebraucht, um es zu verstehen – und auch, um es mir einzugestehen. Die Angstgefühle kommen oft nachts, oftmals ohne bestimmten Auslöser. Es ist einfach ein generelles Gefühl des Unbehagens. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass es okay ist, sich so zu fühlen. Es zu erkennen, dabei zu bleiben und es vorübergehen lassen. Es gibt so viele kleine Veränderungen, die du in deinem Leben machen kannst, um das zu verbessern: Vom richtigen Schlafrhythmus über Yoga und Meditation bis hin zum richtigen Management deiner Gedanken… und natürlich, negative Beziehungen zu beenden.  

«Too much media is not good for your brain.» schreibst du im Buch. Was sind denn deine Empfehlungen, wie man ein gesundes Verhältnis zu Social Media pflegen kann? 

Das hört sich vielleicht seltsam an von jemandem, der sein Geld mit Social Media verdient, aber man sollte sich bewusst sein, dass alles, was man konsumiert, einen am Schluss ein bisschen verändern wird. Schaust du nur Reality-TV oder historische Dokus, wird dich das prägen in deinen Ansichten. Der grosse Unterschied ist: Entscheidest du, was du konsumierst, oder erlaubst du deinem Smartphone oder deinem Laptop, es zu entscheiden? Ich möchte, dass sich Leute in der Wahl ihrer Inputs bestärkt fühlen. Stell’ dir mal dein «ideales Selbst» vor: Welche Art von Dingen magst du? Wie drückst du dich aus, wie verhältst du dich? Dann kannst du von diesem Bild aus rückwirkend entscheiden, was du deinem Gehirn füttern solltest, um das zu erreichen.  

Social Media kann auf ganz unterschiedliche Arten genutzt werden: Um Informationen zu suchen, um sich mit Freunden zu connecten oder um ein Business zu pflegen. Es ist das gehaltlose Scrollen, das wirklich minimiert werden sollte. Man kann sich auch einen Wecker stellen, falls es hilft – aber das ist eine negative Angewohnheit, die man sich abgewöhnen sollte.  

Was sind gute, konkrete Schritte, um FOMO («fear of missing out») los zu werden, besonders auf Social Media bezogen? 

Man sollte sich daran erinnern, dass der allermeiste Social Media-Content eine Sammlung von wunderschönen Momenten ist, oder auch gefilterten «perfekten» Realitäten – doch oftmals ist das, was hinter dem Bild steckt, gar nicht schön. Es gibt Leute, die an Events gehen, bloss um zu zeigen, dass sie eingeladen waren und haben dort überhaupt keinen Spass. Das ist eine toxische Art zu leben. Wer sich auf sein echtes Leben konzentriert, hat viel mehr davon. Das Gras wächst immer dort grüner, wo es gegossen wird.  

XENIA’S #POWERTRICK FÜR NEUE PERSPEKTIVEN 

«Ein Tagebuch zu führen ist eine sehr effektive Art, herauszufinden, warum du so denkst oder handelst, wie du es tust. Wenn du das Schreiben zur Angewohnheit machst, kannst du dich besser mit deinen inneren Wünschen verbinden. Sei dabei kein Perfektionist, schreibe frei und mit Gefühl. Es wird niemand darüber urteilen.» 

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir in London aus? 

Einen typischen Arbeitstag gibt es bei mir nicht wirklich. Im Moment sind es Shootings für Mode- und Lifestyle-Firmen, die Online-Promotion brauchen, Interviews zu meinem Buch… gelegentlich auch ein paar wenige Event-Auftritte mit Social Distancing. Ich trainiere gerne, tanze gerne Salsa, gehe mit Freunden ausgiebig brunchen. Ich vermisse es wirklich, zu reisen und kann es kaum erwarten, wieder in meine geliebte Karibik zu fliegen, wo ich übrigens den grössten Teil meines nächsten Buches geschrieben habe!.  

Wie wichtig war (und ist) es für dich, dein Selbstvertrauen im Alltag zu boosten? Was machst du, wenn du merkst, dass du unterschätzt wirst? 

Einer der besten Tricks, um sein Selbstvertrauen schnell zu boosten, ist sich vor Augen zu führen, wie weit man es geschafft hat. Man kann an jede beliebige Leistung oder Herausforderung zurückdenken – und wie man es überstanden hat. Das sollte einem sofort ein Gefühl von Stolz geben. Es ist unheimlich wichtig, den Moment zu schätzen, auch in den kleinsten Details. Man sollte sich nie mit anderen vergleichen: Jedermanns Reise, Ausgangslage und Herausforderungen ist einzigartig – und komplett verschieden.  

XENIA’S #POWERTRICK FÜR MEHR DANKBARKEIT 

«Zähle mindestens einmal pro Tag fünf oder zehn Dinge auf, die im Moment einfach total richtig laufen und dir ein gutes Gefühl geben. Fühlst du dich dankbar, dass diese gut laufen? Wie fühlt es sich an, wenn du diese Dankbarkeit fühlst – und richtig auskostest? Ziemlich grossartig, und es wird nur noch besser. Denn das, worauf wir unsere Energie fokussieren, wächst. Und das Gute kann sich nur dann vermehren, wenn man sich – trotz dem Negativen – darauf konzentriert.» 

Was glaubst du, wie sich die Influencer-Industrie in den nächsten Jahren verändern wird – und deine Rolle darin? 

Es kann gut sein, dass sich das Business mehr in Richtung «Gehalt» entwickelt und echter und substanzieller wird. Die Leute kennen sich aus und langweilen sich, wenn überall der gleiche Content gepostet wird. Eine authentische und ehrliche Stimme zu haben gepaart mit einer echten Connection mit seinen Followern, wird nie aus der Mode kommen.  

Und was würdest du einem neuen Content Creator raten, der seine Plattform aufs nächste Level bringen möchte? 

Tägliche Beständigkeit. Beim Content auf hohe Qualität achten. Sich unbedingt mit Gleichgesinnten «peers» verbinden, die in derselben Sparte unterwegs sind, sowie mit Brands oder Unternehmen, die du wirklich bewunderst. Habe keine Angst davor, mal übers Ziel hinauszuschiessen und zuviel zu machen. Harte Arbeit zahlt sich wirklich, wirklich aus.  

BUCHTIPP

Xenia Tchoumi: «Empower Yourself – How to Make Lemonade When Life Gives You Lemons». Watkins Publishing, erscheint am 8.12.2020 (in Englischer Sprache), ca. CHF 20.– 

 

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Carla gibt vollgas

carlabelle Pferdestärken sind ihre Passion: Unser erstes «Fresh Talent»-Feature überzeugt uns mit Köpfchen und ordentlichem Know-how in Sachen Autos. Ihre Begeisterung für Motoren und Mobiliät...

A LITTLE BIT LOCO

Mit seinem Sound kommt sofort Sommerstimmung auf:Der 31-jährige Latin-Überflieger Loco Escrito erzählt im Reach- Gespräch, warum er lieber mit seiner Tochter Zeit verbringt oder...

Romance and adventure

thechicadvocate Es gibt kaum ein Reiseziel, das einem auf Instagram und Co. begegnet wie Bali. Kein Wunder: Die indonesische Insel lockt mit purem Dschungel-Feeling und...