Mit seinem Sound kommt sofort Sommerstimmung auf:
Der 31-jährige Latin-Überflieger Loco Escrito erzählt im Reach- Gespräch, warum er lieber mit seiner Tochter Zeit verbringt oder auf dem Töff sitzt, als auf
Instagram herumzuscrollen.
Loco Escrito brauchen wir niemandem mehr vorzustellen. Viel eher bräuchte dieser entspannte Nicolas Herzig eine kurze Einleitung, denn den grossen Promi würde man ihm beim Zoom Call nicht unbedingt geben. Die goldene Brille blitzt unter dem Hoodie auf, die Füsse liegen auf dem Tisch seines Managers Nick, die Laune ist – trotz der Tatsache, dass sein neuer Song «Mamacita» gerade erschienen ist und die Promotour in der Schweiz und Deutschland gleich loskickt – äusserst entspannt. Wir wollen vom in Kolumbien geborenen Schweizer wissen, wie wichtig Social Media für seinen Erfolg ist – und ob er wirklich jede DM selber beantwortet, die mitten in der Nacht rein-slidet.
Erst mal: Congrats! Deine neue SIngle «Mamacita» brutaler Ohrwurm…
Loco: Danke!
Wenn du jetzt zurückdenkst an den Nico, den du 2014 warst, als dein erstes Album «Mi vida es mia» erschienen ist: Bist du überhaupt noch dieselbe Person?
Ich bin auf jeden Fall noch der gleiche Mensch. Ich habe ja auch vorher schon genug erlebt, noch vor meinem Erfolg. Ich habe jetzt vielleicht ein paar finanzielle Sorgen weniger, aber ich habe immer noch die gleichen Werte. Es geht immer noch um Gesundheit, um Familie. Und man muss immer mit sich selber klarkommen, wenn sonst niemand mehr im Raum ist. Bei mir ist das der Fall, auch dank vielen Geschehnissen im Leben wie meinem Töff-Unfall oder der Geburt meiner Tochter. Diese Sachen helfen, das Gedankengut der Dankbarkeit weiter zu Verfolgen.
Denkst du, dass du als unvernünftiger Jugendlicher schlechter mit dem Erfolg umgegangen wärst?
Ich hätte den Erfolg gar nicht erst gehabt. Wenn man alles alleine machen muss, seinen Werdegang völlig selber bestimmen und alles neu lernen darf, braucht es eine persönliche Entwicklung. Vielleicht auch, nah am Tod zu sein, um zu merken: «Shit!». Früher habe ich in den Spiegel geschaut und gedacht: Du bist ein krasser Siech. Dabei war ich es gar nicht. Ich wäre mit 17 niemals genug Mann dafür gewesen, um den Erfolg zu stemmen.
Selbstbestimmung spielt dir auch mit deiner Karriere eine ziemlich grosse Rolle…
Ich bin ja auch der Kopf von Allem. Ich bin keine Marionette, das war keine Maschinerie, die mich «gefunden» hat und mich zu irgendwas hindressiert hätte. Das bin alles ich. Es braucht Zeit, bis man so weit ist.
Du teilst mit deinen Followern ziemlich viel, und auch Persönliches. Fällt es dir schwer, offen zu sein auf Social Media?
Wer mich persönlich kennt, weiss, dass ich gar nicht so viel Persönliches teile auf Instagram (lacht). Nein, online bin ich sicher nicht so offen wie sonst mit den Menschen. Ich bin recht selbstsicher und kann ziemlich gut abwägen, was ich mit meinen Followern teilen will und was nicht. Ich bin sehr ehrlich, habe aber trotzdem Themen, die ich auf Social Media nicht anspreche. Die Nähe zu den Leuten, die habe ich. Aber ich entscheide, auf welcher Ebene und in welchem Rahmen.
A propos: Verwaltest du deinen Instagram Account alleine, oder hast du Leute, die das für dich machen?
Mein Team hilft mir mit den Nachrichten und updatet mich, was passiert. Es kommen einfach zu viele Messages rein, dass ich alle selber beantworten könnte. Aber man nimmt sicher auf, was reinkommt und man checkt die Feedbacks, die kommen. Der Austausch mit den Fans ist mir ohnehin das Wichtigste auf Instagram, und es kommen zum Teil auch echt berührende Nachrichten und Mails rein, die mir echt nahe gehen.
Aber die ganze Arbeit – was ich poste, was ich dazu schreibe, wieviel ich poste – das entscheide alles ich. Mein Team weiss das, und wir arbeiten extrem gut zusammen und sind eine Familie, die schon lange miteinander agiert. Wir wissen, was unsere Werte sind und was wir vertreten. So ist das Ganze relativ einfach. Aber ja, es ist klar ein Teil unseres Business, neuen Content zu kreieren, Bilder zu inszenieren – wir verbringen im Team echt viel Zeit damit, das zu besprechen. Gerade vor einem Release, wie jetzt, gibts gewisse «strategische» Entscheidungen in Bezug auf Instagram. Aber als Ganzes geschieht das sehr natürlich, und ich glaube, das ist auch das, was mich immer authentisch machen wird: Ich überlege nicht, wem es passen wird oder wie es rüberkommt.
Ist Instagram ein Müssen oder ein Wollen für dich?
Das gehört zu meinem Job – aber ohne Struktur hätte ich einen Riesenstress damit. Ich teile meine Zeit sehr bewusst ein und verbringe nicht viel Zeit auf Instagram – ich sage den Leuten in meinem Umfeld «Auch wenn ich davon lebe: Scheisst darauf und nehmt euch so viel Zeit wie möglich offline!». Weg vom Natel, denn das Natel nimmt uns Freiheit. Dieses kleine Gerät kann einen riesigen Schatten werfen. Ich mache alles sehr gezielt, ob mit Mails oder Instagram. Ich brauche vielleicht eine halbe Stunde pro Tag, oder auch mal eine Stunde… bin aber dabei total fokussiert. Aus Langeweile auf Instagram herumscrollen – das bin voll nicht ich. Würde ich keine Musik machen, wäre ich wahrscheinlich gar nicht auf Instagram. Aber als Musiker, so direkt mit seinen Fans kommunizieren zu können: Das finde ich wirklich super.
Dann hast du auch keine Mühe, mal das Smartphone ganz auszuschalten?
Ich bin Vater, darum ist das nicht ganz so einfach. Aber mein Team weiss zum Beispiel genau, dass ich Montag und Dienstag mit meiner Tochter bin – das ist auch meine Aufgabe, das zu definieren. Ich schütze mich so auch selbst; Instagram gibt mir wenig zurück im Vergleich zu meiner Familie. Das ist einfach meine Meinung… wer so viel Zeit am Natel verbringt, kann das echte Leben verpassen.
Was hältst du von TikTok?
Schlussendlich ist doch alles dasselbe! Rauch deinen Joint, trink’ etwas! Aber wenn du den ganzen Tag dranhängst und anfängst, dich zu vernachlässigen und deine Fühler abstumpfen… das ist doch einfach bissl traurig.
Welche Apps nutzt zu am Meisten auf deinem Telefon?
Die Wetter-App, zum Töfffahren. Die ist bei mir immer offen. Und mein Kalender, weil immer extrem viel läuft. Natürlich auch WhatsApp. In Südamerika ersetzt die App quasi das E-Mail! Okay, ich merke gerade, dass ich wahrscheinlich mehr Zeit auf WhatsApp verbringe als auf Instagram. Eigentlich noch krass!
Schreibst du, oder schickst du Sprachnachrichten?
Ich schicke viele Sprachnachrichten. Es gibt total viele Sachen, die man besser schreiben würde, aber ich gehöre genau zu den Leuten, die nicht zwei Sachen gleichzeitig machen können, wenn man sie dann abhören muss (lacht). Aber das Schlimmste ist, wenn ich zuviele Sprachnachrichten schicke, dass ich manchmal beim Abhören vergesse, dass es kein Telefongespräch ist und mich nerve, dass der am anderen Ende nichts dazu sagt (lacht!).
Wem folgst du auf Instagram?
Ganz ehrlich: Keinen berühmten Leuten. Wenn ich meinen Feed anschaue, sind das alles Kollegen, die mit mir trainieren. Das sind alles Jungs im Gym!
Dein letztes Album «Estoy Bien» ist erst vor einem Jahr erschienen, jetzt steht schon wieder eines in der Pipeline. Haben wir den Kreativitätsschub der Pandemie zu verdanken?
Ehrlich gesagt, habe ich nicht mehr Sound produziert als sonst – ich habe eher langsamer gearbeitet, weil wir viel mehr einfach im Studio abgehängt sind und übers Leben geredet haben. Aber das ist eigentlich nie ein Problem. Wir haben immer eher zuviel Material als zuwenig. Das nächste Album ist tatsächlich schon parat, aber wir machen jetzt eher luxusmässig noch ein paar Tracks, damit wir wirklich das Beste vom Besten rauspicken. Unsere kreative Ader ist zum Glück unendlich (lacht).
Singst du eigentlich mit, wenn du deine Songs im Radio hörst?
Nein. Oder doch! Mein Song «ATMO» liegt mir sehr am Herzen. Aber sonst schalte ich eher um. Ich höre sowieso selten Radio.
Welche drei Dinge werden deinen Sommer 2021 definieren? Leg’ uns eine Wunschliste hin!
Erstens: Mit meiner Tochter möglichst viel zu erleben, und auch möglichst ruhig. Manchmal ist es schon schwierig, als öffentliche Person in die Badi zu gehen. Es ist zwar cool, erkannt zu werden, aber mit ihr halt nicht so sehr. Darum wünsche ich mir auch, mit ihr in die Ferien zu fahren. Zweitens: Den Release stärken. Wir werden sehr viel zu tun haben, nach Deutschland reisen und dergleichen… und darum Drittens: So oft wie möglich auf dem Töff zu sein und es noch ein bisschen geniessen, dass noch nicht so viele Konzerte stattfinden!